In der inversen Photoemission gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten,
die emittierten Photonen nachzuweisen. Entweder werden sie mit einem
Gitterspektrometer energieselektiv detektiert; in diesem Fall wird die
kinetische Energie der einfallenden Elektronen in der Regel konstant
gehalten (,,Constant Initial State Mode``), oder man weist, wie in dieser Arbeit, im
sogenannten Isochromat-Modus Photonen einer Energie
nach. Im Isochromat-Modus dient die kinetische Energie
der Elektronen als Variable; Elektronen-Einfallswinkel und
Photonen-Nachweiswinkel stehen als Parameter zur Verfügung.
Durch die Verwendung einer spinpolarisierten Elektronenquelle erweitert
sich der Parameterraum um den Elektronenspin.
Im Allgemeinen wird die Kinematik von Prozessen im Kristall im
reziproken Raum beschrieben.
Für den IPE-Prozeß läßt sich die Energie- und Impulserhaltung
folgendermaßen schreiben:
und
ist ein reziproker Gittervektor und ist
der Impuls des Photons, welches mit der Energie emittiert
wurde. Für die inverse Photoemission mit kleinen kinetischen
Elektronenenergien wird der Photonenimpuls in Gleichung (2.5)
vernachlässigt (z. B ; a Gitterkonstante). Im reduzierten Zonenschema
stellen sich diese Strahlungsübergänge senkrecht dar (siehe Abb.
2.2) .
Die im IPE-Spektrum sichtbaren Übergänge können daher bestimmten
k-Werten zugeordnet werden.
Im Gegensatz dazu steht die ,,IPE`` bei hohen Elektronen- und Photonenenergien
(Bremsstrahlungs-Isochromat-Spektroskopie); dort zerstört der nicht zu
vernachlässigende Photonenimpuls die Bedingung und
die Spektren zeigen näherungsweise die gesamte Zustandsdichte.
Für einen Vergleich der IPE-Spektren mit der Bandstruktur über eine
Dispersionsrelation E(k) muß der Einfluß des
Elektroneneintritts in den Festkörper berücksichtigt werden.
Im
Vakuum ist der k-Vektor der Elektronen nach Betrag und Richtung
definiert. Beim Eintritt in den Festkörper nimmt die
Wellenvektorkomponente senkrecht zur Oberfläche durch den
Einfluß des Kristallpotentials zu. Der Vektor parallel zur Oberfläche
bleibt bis auf einen reziproken Gittervektor erhalten [Kan64], doch finden
bei hinreichend kleiner Anfangsenergie keine
Oberflächen-Umklapp-Prozesse statt (). Der Parallelimpuls
ist der Messung direkt zugänglich[ScD92 ]:
In Gleichung (2.6) sind alle Energien auf die Fermienergie bezogen und ist die Austrittsarbeit der Probe. Der Wellenvektor ist der Messung nicht direkt zugänglich, deshalb werden die Meßergebnisse zur Auswertung in einem -Diagramm aufgetragen. Einen Vergleich mit theoretischen Bandstrukturrechnungen erhält man dann durch das Projizieren aller theoretischen, nicht äquivalenten eines auf diesen -Wert (projizierte Bandstruktur).
Aussagen über die -Komponente lassen sich aber über eine Näherung erhalten. Nimmt man für den Anfangszustand Freie-Elektronen-Dispersion an und beschreibt das Kristallpotential durch einen Potentialtopf der Tiefe , kann über die kinetische Energie im Kristall berechnet werden[Don88].
Es ist festzuhalten, daß die Kinematik die Energielage des direkten
Überganges im IPE-Spektrum bestimmt. Seine Intensität wird jedoch durch
das Matrixelement aus Gleichung (2.1)
bestimmt. Auch ohne aufwendige Berechnung des Matrixelementes
können mit Hilfe von Symmetrieüberlegungen Aussagen über
gemacht werden [Gol82]. Für den Grenzfall vernachlässigbarer
Effekte der Spin-Bahnkopplung besitzen die Anfangs- und Endzustände in
der Spiegelebene eine definierte Symmetrie bezüglich der Ebene. Die
Zustände teilen sich in die Gruppen mit gerader (+) und ungerader (-)
Parität auf. Das einfallende Elektron wird durch eine ebene Welle mit
gerader Parität bezüglich der Spiegelebene des Kristalls beschrieben. Da das
Matrixelement bei ungeradem Integranden verschwindet, müssen
Endzustand und Operator gleiche Parität haben. Eine Aufteilung des
Matrixelementes in Komponenten parallel (, gerader Parität) und
senkrecht (, ungerader Parität) zur Spiegelebene ergibt:
Für gerade bzw. ungerade Endzustände ist die Strahlung parallel bzw. senkrecht zur Spiegelebene polarisiert. So lassen sich aus der Winkelcharakteristik der emittierten Photonen Informationen über die Symmetrie der am Übergang beteiligten Energiebänder gewinnen ( siehe Abschnitt 5.2.1 und Anhang C).
Bis hierhin wurden nur Strahlungsübergänge behandelt. Beim Beschuß des Festkörpers mit Elektronen treten jedoch auch strahlungslose Übergänge auf. Bei den strahlungslosen Übergängen dominieren die Elektronen-Loch-Paaranregungen. Die darauf folgenden Strahlungsübergänge tragen ebenfalls zum IPE-Spektrum bei. Sie können mit einem energieabhängigen, strukturlosen Untergrund beschrieben werden [DoR80].