Zwischen der weitaus bekannteren Photoemission und der inversen Photoemission besteht eine enge theoretische Verbindung, was es sinnvoll macht, beide im Vergleich zu betrachten. Die Abbildung 2.2 zeigt, welche Bereiche der Bandstruktur der jeweiligen Technik zugänglich sind.
Abbildung 2.2:
Schematische Gegenüberstellung des Photoemissionsprozesses (oben) und des
inversen Photoemissionsprozesses (unten).
Es sind jeweils die experimentelle Geometrie (links) und der Prozeß
in einer schematischen Bandstruktur (Mitte) dargestellt.
bezeichnet die Vakuum- und die Fermienergie.
In der Photoemission (PE) trifft monochromatisches Licht auf den Festkörper. Dadurch werden Elektronen von einem Anfangszustand ( initial state) in einen Endzustand ( final state) angeregt. Liegt der Endzustand über dem Vakuumniveau , so kann das Elektron den Festkörper verlassen und energie- und winkelselektiert nachgewiesen werden. Es können also mit der PE die besetzten Bänder unterhalb der Fermienergie und die unbesetzten Bänder oberhalb untersucht werden.
Der Elektronenstrom bei fester Energie E und
festem Wellenvektor pro Raumwinkel ergibt sich nach
Fermi's Goldener Regel zu:
bezeichnet die Übergangswahrscheinlichkeit, das
Matrixelement des Überganges
und die
Zustandsdichte der Elektronen im Endzustand.
Das Matrixelement wird durch das elektromagnetische
Feld in Dipolnäherung mit dem Impulsoperator
und dem Vektorfeld beschrieben.
Der inverse Photoemissions-Prozeß (IPE) ist in erster Näherung der zeitumgekehrte
Prozeß zur Photoemission.
Im IPE-Prozeß treffen Elektronen mit definiertem Impuls und fester
Energie auf den Kristall und koppeln dort an unbesetzte Zustände oberhalb der Vakuumenergie an.
Von diesen
Anfangszuständen gehen die Elektronen unter Aussendung von Lichtquanten
in einen unbesetzten Zustand niedrigerer
Energie oberhalb der Fermienergie über.
Für dieses IPE-Übergänge sind also dieselben Matrixelemente aus Fermi's
Goldener Regel (2.1) verantwortlich, wie für die
Photoemissionsübergänge.
Die zu erwartenden Teilchenflüsse
unterscheiden sich also nur in der
normierten
Endzustandsdichte pro Raumwinkel [Pen81].
Für das Verhältnis des Photonen- zum Elektronenfluß
() erhält man schließlich:
wobei der Wellenvektor der Photonen und
der Wellenvektor der Elektronen ist. VUV bezeichnet den
Bereich der Photonenenergien von einigen .
Die Endzustände der beiden Prozesse liegen auf einer Kugel mit Radius
k bzw. q im Phasenraum. Da aber der Photonenimpuls q sehr viel
kleiner als der Elektronenimpuls k ist, unterscheidet sich die Anzahl der erreichbaren
Endzustände um einen Faktor von .
Es ist diese geringe Photonenausbeute der IPE, die für ihre späte
Entwicklung verantwortlich ist.
Die inverse Photoemission ist nicht exakt der zeitumgekehrte Prozeß zur Photoemission, da die Elektronenkonfigurationen im Endzustand des Festkörpers verschieden sind. Der Endzustand des Festkörpers in der IPE besitzt N+1 Elektronen, während der PE-Prozeß den Kristall im Zustand N-1 hinterläßt. Solche Endzustandseffekte werden sichtbar, wenn Übergänge in stark lokalisierte Zustände stattfinden. In lokalisierten Zuständen kann das zusätzliche Elektron (IPE) bzw. das Loch (PE) nur unzureichend abgeschirmt werden. Dieser Effekt wird durch eine energetische Verschiebung im Spektrum sichtbar [FAS94]. Bei Untersuchungen an d- und sp-Bändern ist die Delokalisierung der Elektronen hinreichend groß, so daß dieser Endzustandseffekt in den IPE-Spektren im allgemeinen nicht nachweisbar ist.