Welche besondere Bedeutung kommt der Messung am Brillouinzonenrand
zu?
Die Co()-Oberfläche besitzt am -Punkt eine
-Symmetrie. Neben der zweizähligen Rotationsachse weist der
Kristall am -Punkt zwei Spiegelebenen auf (s. Abb. 5.1).
In der -Spiegelebene finden die IPE-Messungen statt, und die zweite
Spiegelebene steht senkrecht auf der -Ebene.
Als
Konsequenz dieser Spiegelebene beschreiben hier und
äquivalente Zustände. Durch Linearkombination () der
ein- und auslaufenden
Wellenfunktionen erhält man symmetrieangepaßte
stehende Wellenfunktionen (s S. ).
Auch wenn die Bildkraftzustände einige
Ångström vor der Oberfläche existieren, so wechselwirken sie
doch mit dem Festkörperpotential. Damit wird die Energieentartung der beiden
Linearkombinationen aufgehoben und die mögliche Anzahl an
Bildkraftzustände verdoppelt sich.
Der Energieunterschied zwischen den beiden Linearkombinationen entspricht
dem Zweifachen des ersten Fourierkoeffizienten des Festkörperpotentials am Ort
der Bildkraftzustände ().
Dies ist analog zum eindimensionalen fast-freien Elektronengas
am Brillouinzonenrand ()[Kit88 ].
Bis zu dieser Arbeit wurde die Verdoppellung der
Zustände nicht nachgewiesen, obwohl sie im Rahmen des Multireflexionsmodells
beschrieben wird (s. Abschnitt 2.3 ).
Abbildung: Spinintegriertes
IPE-Spektrum der Bildkraftzustände an (schwarze Kreise).
Die durchgezogene Linie durch die Meßpunkte zeigt den besten
Least-Square-Fit des Spektrums mit zwei Lorentzlinien (durchgezogene
Kurven unterhalb des Spektrums) und einen, an der Vakuumkante steil
ansteigenden Untergrund (). Die Lorentzlinien sind zur
Darstellung um einen konstanten Betrag erhöht worden.
und bezeichnen den ersten Rydbergzustand mit ungerader
bzw. gerader Parität. Der Abstand zwischen und ist mit
bezeichnet.
Abbildung 5.19 zeigt das IPE-Spektrum der Bildkraftzustände am Zonenrand . Bei diesen Zuständen handelt es sich um den symmetrieaufgespaltenen Rydbergzustand n=1. Je nach Parität bezüglich der Spiegelebene senkrecht zur Meßebene bezeichnet man den Zustand mit (gerade Parität) und (ungerade Parität). Die Zustände befinden sich in einer Shockley-invertierten Bandlücke, so daß der Zustand ungerader Parität energetisch niedriger liegt als der Zustand gerader Parität. Die Aufspaltung (Kor Korrugation) zwischen den beiden Paritäten wird durch das Festkörperpotential hervorgerufen. Für die Bestimmung von aus dem Spektrum müssen beim Least-Square-Fit Annahmen über den ,,stufenförmigen`` Anstieg des Untergrundes an der Vakuumenergie gemacht werden. Der ,,stufenförmige`` Untergrund wird hier durch eine parabolische Funktion bzw. durch eine Arcustangens-Funktion angenähert (vgl. [Him91, Wat65]). Beide Funktionen beschreiben den Intensitätsanstieg durch weitere Zustände der Rydbergserie () und Kontinuumszuständen [NeI92]. Zur Bestimmung von werden die Untergründe von ,,weich`` bis ,,stufenförmig`` variiert. Aus den Least-Square-Fits ergibt sich . kann als ein Maß für die Wechselwirkung der Bildkraftzustände mit dem Festkörper angesehen werden. Der außerordentlich hohe Wert von kann qualitativ durch die große Korrugation der Co()-Oberfläche erklärt werden. Die Atomrümpfe ragen hier weiter aus der Elektronendichteverteilung heraus als bei glatteren Oberflächen. Die Folge ist eine erniedrigte Austrittsarbeit und eine stärkere Wechselwirkung der Bildkraftzustände mit dem Potential der Atomrümpfe [HeG91 ].
Eine alternative Zuordnung für den -Zustand wäre, den Zustand als weiteres Mitglied der Rydbergserie (n=2) aufzufassen. Bausells und Echenique ([BaE86]) geben als maximalen Parallelimpuls der Elektronen, bei dem die ersten beiden Rydbergzustände theoretisch noch trennbar sind, an. Dabei wurde nur die steigende Linienbreite des ersten Zustandes und der geringer werdende Abstand zwischen den Zuständen mit wachsendem Wellenvektor berücksichtigt. Experimentell wurde der zweite Rydbergzustand in der IPE nur auf der Cu(100)-Oberfläche bei aufgelöst [HiO92]. Dort ist das Intensitäts-zu-Untergrundverhältnis aber um mindestens einen Faktor 6 besser als am Brillouinzonenrand, so daß der Nachweis des n=2 Zustandes bei äußerst unwahrscheinlich ist. Zudem wird ein energetischer Abstand von für die Zustände n=1 und n=2 bei erwartet [BaE86]. Gegen diese Zuordnung zum n=2-Zustand spricht also, daß der gemessene Abstand zwischen den Linien mehr als dreimal so groß ist, wie der erwartete Abstand zwischen den Zuständen n=1 und n=2.