Die Dispersionen von Bildkraftzuständen auf fcc- und bcc-Metall-Oberflächen sind am Zonenzentrum intensiv untersucht worden (Referenzliste in [SmC91]). Das Dispersionsverhalten gleicht dem der freien Elektronen mit nur geringen Abweichungen der relativen effektiven Masse von 1 [SmC91]. Am Brillouinzonenrand liegen für diese Metalle die Elektronenfluchtenergien nicht in der Bandlücke. Die dort gemessenen Bildkraftzustände sind von resonanzartigem Charakter. Der Überlapp mit der unbesetzten Bandstruktur kann die Energielage und die effektive Masse beeinflussen. Im Gegensatz dazu liegt die Fluchtparabel im hcp-Co-Kristall bei in der Bandlücke und man kann die Dispersion ,,reiner`` Bildkraftzustände untersuchen.
Bevor die Dispersionen der Bildkraftzustände am Zonenrand der
Co(100)-Oberfläche eingehend diskutiert werden, ist es
nützlich, das Prinzip der effektiven Masse zu wiederholen [Kit88 ].
Für das eindimensionale freie Elektronengas kann die Krümmung der E(k)-Relation
in der Form
geschrieben werden. Die reziproke Masse gibt also die Krümmung der Elektronenparabel an.
Man möchte die Form der Gleichung 5.3 auch bei Elektronen, die stärker mit dem
Kristall wechselwirken, beibehalten und führt daher das Konzept der effektiven Masse
ein. Die Wechselwirkungen der Elektronen mit dem Kristall sind dann in enthalten.
Dabei gilt:
Abbildung:
Dispersion der Bildkraftzustände und
am Brillouinzonenrand . Die
Energielagen wurden durch den Least-Square-Fit der Spektren bestimmt.
Eine Anpassung der -Dispersion ergibt eine relative effektive
Masse von ca. (durchgezogene Linie). Für die -Dispersion ist im Rahmen des Konfidenzintervalls (--)
sowohl Auf- wie auch Abwärtsdispersion möglich. Die Elektronenfluchtparabeln (--)
berechnen sich aus und
.
Der grauschattierte Bereich zeigt die Majoritäts-Bandkante der
Festkörperbandstruktur.
Die Abbildung 5.22 zeigt die
experimentell bestimmten Dispersionen des ersten Rydbergzustandes mit
gerader und ungerader Parität ( und ). Aufgrund der sehr
schnell abnehmenden Intensität des -Zustandes mit der Entfernung
vom -Punkt, wurden die Energiepositionen der Zustände auf zwei
unterschiedliche Arten bestimmt. Die mit dem Fitmodell aus Abschnitt
5.2.2 ermittelten Energiepositionen sind in Abbildung
5.22 dargestellt. Zusätzlich wurden die Energien durch
die zweite Ableitung der Spektren bestimmt und im
Rahmen der Fehler stimmen die Energielagen
überein. Die durchgezogene Linie durch die Dispersion des
-Zustandes (Abb. 5.22) zeigt die im Least-Square-Verfahren
ermittelte Dispersion der Form .
Der Scheitelpunkt liegt genau bei
( ). Die
relative effektive Masse ergibt sich zu . Ein
Parabelfit bestimmt durch die Energiepositionen aus der Ableitung
ergibt nur wenig andere Parameter (Scheitelpunkt ,).
Die gestrichelten Linien geben das
Konfidenzintervall (0.95) der Parabel an.
Chen und Smith ([ChS87]) geben im Rahmen des MR-Modells für die effektive Masse am
Brillouinzonenrand folgende Gleichung an:
mit Bindungsenergie des n-ten Bildkraftzustandes bezüglich der
Vakuumenergie am Zonenrand und als reziprokem Gittervektor.
Die Gleichung liefert eine relative effektive Masse () und somit eine viel stärkere Abwärtskrümmung der Dispersion als experimentell ermittelt. Schon hier scheint das MR-Modell die Situation nicht korrekt zu beschreiben. Doch bevor die Abweichungen näher diskutiert werden, folgt zunächst der Vergleich des Modells mit dem -Zustand. Die Voraussage für den -Zustand aus dem MR-Modell weicht sogar noch stärker von dem experimentell bestimmten Dispersionsverlauf ab. Aufgrund der kleineren Bindungsenergie wird eine vom Betrag viel kleinere effektive Masse und somit eine viel größere Krümmung der Dispersion erwartet. Das Vorzeichen bleibt negativ und die Krümmung der Dispersion ist abwärts gerichtet. In der Abbildung 5.22 ist für die -Dispersion ebenfalls die Parabel aus einem Least-Square-Fit eingezeichnet (durchgezogene Linie). Die Parabel ist leicht abwärts gekrümmt mit einer relativen effektiven Masse von . Der Scheitelpunkt dieser Parabel liegt nicht mehr am Zonenrand und das Konfidenzintervall (0.95, gepunktete Linien) läßt sowohl Ab- wie auch Aufwärtsdispersion zu. Ein dispersionsloser Energieverlauf als Funktion des Wellenvektors ist daher ebenso möglich (gestrichelte Linie).
Warum kann das MR-Modell, welches erfolgreich auf die Bildkraftzustände anderer Metalle angewendet wurde, die Dispersion hier nicht korrekt beschreiben? Die Antwort liegt zum Teil wahrscheinlich in den Annahmen des MR-Modells [Nek95]: