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Forschungsprofil
Flüssigkeiten sind uns allen aus der täglichen Erfahrung sehr vertraut. Neben Wasser, dem sicherlich bekanntesten Beispiel, gibt es eine große Vielfalt von Flüssigkeiten mit besonderen Eigenschaften, die zur Lösung spezieller Probleme herangezogen werden: zur Kühlung, zum Teeren von Asphaltstraßen, zur Verdünnung, als Schmiermittel, in der hydraulischen Kraftübertragung, bei automatischen Kupplungen oder in der Glasfaseroptik u.Ä..

Bei der Suche nach neuen Materialien widmete man Flüssigkeiten sehr hoher Zähigkeit --d.h. Gläsern-- in den letzten Jahren große Aufmerksamkeit. Dabei zeigte sich, dass unser Wissen darüber, wie ein amorpher Festkörper (Glas) aus einem Fluid hoher Dichte (Flüssigkeit) entsteht, noch unvollständig ist. Obwohl Menschen schon seit über 5000 Jahren Gefäße aus Siliziumoxyd-Glas herstellen können, verstehen sie nicht genau, wie der Übergang von der Flüssigkeit zum Glas 'funktioniert'. Warum zeigt eine Flüssigkeit beim Unterkühlen diese dramatische Zunahme der Zähigkeit? Gründliches Verständnis jener dynamischen Prozesse, die die Transporteigenschaften einer Flüssigkeit --z.B. die Zähigkeit-- bestimmen, ist jedoch unabdingbare Voraussetzung für die erfolgreiche Suche nach neuen, für die geplante Verwendung maßgeschneiderten, amorphen Materialien.

Hieraus ergibt sich das allgemeine Ziel unserer derzeitigen Forschungen: wir möchten beitragen zu einem besseren Verständnis der Relaxationsmechanismen, die das dynamische Verhalten unterkühlter Flüssigkeiten bestimmen und den Glasübergang hervorrufen. Im Folgenden finden Sie eine Auswahl von Ergebnissen, die wir in jüngster Zeit erhalten haben.

  1. Die Bewegung einer Partikel in den mikroskopischen Hohlräumen eines glasartigen Körpers wurde diskutiert. Wir berechneten u.a. die räumlichen Korrelationen des Zufallspotentials, dem das Teilchen in der Glasmatrix ausgesetzt ist. Gewöhnlich geht man in Ermangelung detaillierter Kenntnisse einfach von einer gaußischen Korrelation der Potentialfluktuationen in einem ungeordneten System aus. In unserer Arbeit zeigen wir, dass die Potentialfluktuationen eine stark nicht-gaußische Wellenzahlabhängigkeit haben, in der sich die statische Struktur der Glasmatrix deutlich widerspiegelt.[BGK94]
  2. Für eine binäre Mischung aus neutralen Teilchen sehr unterschiedlicher Größe haben wir die Relaxationsfunktionen der Partialdichten im Rahmen einer Modenkopplungs-Näherung bestimmt. Letztere, so meinen wir, liefert eine gute Beschreibung der nichtlinearen Rückkopplungsprozesse, durch die das Relaxationsverhalten von Dichtefluktuationen in einer unterkühlten Flüssigkeit dominiert wird. Wir finden bei einer kritischen Packungsdichte einen Glasübergang verbunden mit der Lokalisierung der großen Teilchen. Die kleinen Teilchen bleiben beweglich. Sie wandern in einem fast statischen, im wesentlichen durch die großen Partikeln hervorgerufenen Zufallspotential. Bei einer bestimmten noch höheren Packungsdichte erreichen die Potentialfluktuationen schließlich eine kritische Größe, die zur Lokalisierung auch der kleinen Teilchen im Glas führt.[KB95]
  3. Frequenzabhängige Selbstdiffusionskoeffizienten wurden für beide Sorten (s=1,2) einer unterkühlten binären Harte-Kugel-Flüssigkeit im Rahmen einer Modenkopplungstheorie berechnet. Wir finden bei Annäherung an den Glasübergang bei sehr kleinen Frequenzen eine Stufe im Frequenzverhalten der kleinen Teilchen, was als Anzeichen für einen Wechsel im Diffusionsmechanismus dieser Partikeln interpretiert wird. Mit der Glasbildung der großen ist für die kleinen Teilchen ein Übergang von schneller Flüssigkeitsdiffusion zu einer langsameren Bewegungsform (``anomale Diffusion'') im Zufallspotential verbunden.[BK95]
  4. Die Langzeitlimites von Dichterelaxationsfunktionen (sog. Nichtergodizitätsparameter) wurden für ein symmetrisches geschmolzenes Salz (SMS), eine ionische Flüssigkeit, im Rahmen einer Modenkopplungstheorie als Funktion von Temperatur und Dichte berechnet. Aus den Nichtergodizitätsparametern wurde die wellenzahlabhängige statische dielektrische Funktion für ein ionisches Glas gewonnen.[Sed95]
Zitate weiterer Publikationen der Arbeitsgruppe finden Sie im Abschnitt Recent Publications.


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Juergen Bosse
Tue Feb 4 17:52:22 MET 1997