Der Sonderforschungsbereich 450 „Analyse und
Steuerung ultraschneller photoinduzierter Reaktionen“ wurde am
1. Juli 1998 mit der Zielsetzung begonnen, durch Laserpulse bewirkte
Bewegungen der Teilchen eines molekularen Ensembles zu
charakterisieren und – wenn möglich - durch entsprechend geformte
Lichtfelder so zu beeinflussen, dass ein spezifischer Produktzustand
entsteht, der anders kaum erhalten werden kann. Dieses zu Beginn des
Sonderforschungsbereiches noch vorsichtig formulierte Ziel, die
kohärente Kontrolle photoinduzierter Reaktionen, ist heute Realität.
So gelang im Sfb 450 mehrfach der Nachweis, dass reaktive Systeme
mit optimal geformten Laserpulsen im Zeitmaßstab ihrer Kernbewegung,
d.h. im Femtosekundenbereich (fs=10 -15s),
genau entlang bestimmter Reaktionspfade geleitet werden können.
Dabei sind Lichtfeld und Bewegung, Ursache und Wirkung, prinzipiell
und im Zusammenhang zu verstehen. Somit enthalten die
-beispielsweise mittels selbstlernender Algorithmen - ermittelten
optimalen Lichtfelder fundamentale Informationen über die vollzogene
Reaktion und die daran beteiligtenmolekularen Systeme. In enger
Kooperation zwischen Experiment und Theorie konnten diese
Informationen auf beeindruckende Weise extrahiert werden. Somit
konnte nicht nur einvertieftes Verständnis der eingeschlagenen
Reaktionspfade sowie der daran beteiligten Reaktionspartner gewonnen
werden, sondern es konnte auch der Reaktionsablauf verbessert oder
oft erst ermöglicht werden. Hierbei führte uns die Konvergenz von
Experiment und Theorie zu neuen Konzepten, und stellte so die
Tragfähigkeit des Themas, seine Wandlungsfähigkeit und sein
Potenzial unter Beweis. Thematisch entwickelte sich dieser Wandel
wie folgt:
In der ersten Förderperiode
stand - experimentell wie theoretisch
- die Analyse
von Reaktionen geeigneter
Modellsysteme im Vordergrund. Das Lichtfeld war zumeist aus einem
möglichst kurzen Anregungspuls und einem zeitverzögerten Abfragepuls
gleichbleibender Frequenzen zusammengesetzt; d.h. die einzige
Feldvariable während einer bestimmten Photoreaktion war die
Verzögerungszeit zwischen den beiden Teilpulsen. Damit gingen wir
unser Thema vornehmlich über die Zeitdomäne an und versuchten, die
Ergebnisse, wie beispielsweise die Entwicklung vibratorischer
Wellenpakete und daraus resultierender Konformationsänderungen bzw.
molekularen Zerfall im Rahmen von Modellbildung und theoretischer
Ausführung zu verstehen.
In der zweiten
Förderperiode wurde das
ursprünglich eher noch spekulative Ziel einer
Steuerung
für kleinere Systeme erreichbar.
Allgemein verbreiterte sich unser methodischer Ansatz, indem wir
komplexere Anregungsfelder verwendeten und ihre Wirkung
analysierten. Experimentell wurde dieses durch den Einsatz optischer
Modulatoren ermöglicht, mit denen Phase und Amplitude (später auch
die Polarisation) der Spektralkomponenten des eingestrahlten
Laserpulses individuell verändert werden konnten. Das resultierende
Lichtfeld konnte somit durchaus über ein längeres Zeitintervall
andauern; hierbei wurden seine spektralen Komponenten jedoch
zeitlich - d.h. mit abgestimmter Phase - so eingesetzt, dass sie der
momentanen Anordnung der Kerne entsprachen. In diesem Sinn kann man
sagen, dass die Frequenzdomäne - allerdings kohärent mit der
Zeitdomäne verknüpft – wieder gewonnen wurde.
In der dritten Förderperiode
wurde
Analyse durch Steuerung
Realität. Für kleinere molekulare
Systeme bedeutete dies die Konvergenz von Experiment und Theorie,
wobei wir die Komplexität schrittweise erhöhen konnten,
beispielsweise durch Ankopplung von Liganden, Anlagern von
Solvathüllen, Einbetten in Matrizen bzw. Lösungen oder Adsorption
auf Oberflächen. Selbst für große Moleküle oder Chromophore, deren
Wechselwirkung mit der Umgebung die Prozessabläufe entscheidend
beeinflusst, wurde die Wirkung geformter Laserfelder auf die
Reaktionsdynamik durch ein Zusammenspiel von Theorie und Experiment
bereits deutlich besser verstanden. Methodisch haben wir dabei den
Spektralbereich zum IR und zum UV erweitert, höhere
Intensitätsbereiche einbezogen, und erweiterte Kontrollszenarien
entwickelt.
In der letzten, vierten Förderperiode
verfolgten wir das Ziel,
die optische
Analyse und Steuerung als
verlässliches Werkzeug
auch anderen Disziplinen zugänglich zu machen. So wurden
Mehrphotonenabsorptionsprozesse an biologischen Systemen
systematisch untersucht und optimiert. Der Ansatz ermöglicht es,
UV-Lichtanregungsprozesse bei deutlich längeren Wellenlängen in
solchen Spektralbereichen durchzuführen, die im Gewebe eine
wesentlich bessere Transparenz aufweisen, wodurch erhebliche
Steigerungen der Eindringtiefe erreicht werden. Somit erweitert sich
der Wirkungsbereich optischer Diagnose- bzw. Therapieansätze wie z.B.
der photodynamischen Therapie um ein Vielfaches. Weiterhin wurden
ultrakurze Pulssequenzen zur Verbesserung des MALDI-Prozesseseingesetzt
(Matrix-assisted Desorption and Ionization), um durch zeitlich
definierte Staffelungder eingestrahlten Lichtpulse und deren
separate Dosierung die Verdampfung und Ionisationder zu
analysierenden Teilchen zu optimieren. Optimal geformte Laserpulse
wurdenaußerdem zur Photoassoziation ultrakalter atomarer Ensembles
in einer MOT (MagnetoOptical
Trap) eingesetzt. Ein
routinemäßig genutztes Werkzeug ist längst auch die Erzeugungvon
Plasma Filamenten in Luft mittels optimal geformter Laserpulse
geworden, denn darauslassen sich einfach und effizient sehr kurze
Weißlichtpulse (~6 fs) extrahieren, die -spektroskopisch genutzt –
Einblicke in die Dynamik leichter Kerne (z.B. des Wasserstoffs) und
selbst des Elektrons erlauben.
Während der gesamten Laufzeit des Sfb 450 wurden die Teilprojekte in
drei Projektbereiche aufgeteilt:
A:
Systeme mit wenigen aktiven Freiheitsgraden
B: Komplexe Systeme
C: Theorie
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